Ein Wort kann dein Leben verändern: Nein

Nov 5, 2020 | Psychologisches Wissen | 0 Kommentare

Mir wurde früher nachgesagt, ich könne nicht nein sagen. Ich habe das nie als wahr empfunden, denn ich konnte dieses Wort ganz leicht aussprechen. Dennoch hatte ich eine Schwäche darin, mich abzugrenzen. Also musste es doch etwas anderes sein… aber was…?

Warum fällt es mir schwer, nein zu sagen?

Helfen-Nein sagen

Freude an Verbundenheit oder Bedürfnis zu helfen?

Diese Frage habe ich mir wirklich sehr, sehr lange gestellt. Und ich habe alles überprüft, was ich finden konnte. Ich selber bin ja wie eine Detektivin auf der Suche nach Mustern – wenn jemand zu mir kommt mit dem Wunsch nach Veränderung. Also suchte ich nach Mustern. Aber ich konnte lange keins entdecken. Als Begründung, als Ursache für die mangelnde Fähigkeit sich abzugrenzen, stehen ja einige Punkte hoch im Kurs. Also fragte ich mich:

1. Möchte ich einfach nur höflich sein?

Natürlich bin ich ein freundlicher Mensch. Aber ich konnte hinter meiner Schwäche kein Bedürfnis entdecken, das ich als “höflich sein” beschreiben würde. Zumindest stand dieses Bedürfnis nicht meiner Fähigkeit entgegen.

2. Hatte ich Angst, dass mein Gegenüber sich abgelehnt fühlt?

Da war ich der Wahrheit schon eher auf der Spur – da ich mich lange Zeit meines Lebens einsam und alleine fühlte, könnte das schon etwas damit zu tun haben. Aber ehrlich gesagt, brachte das meinen Mangel auch nicht auf den Punkt. Nein, ich hatte keine Angst davor durch ein Nein jemanden zu enttäuschen. Nein, ich hatte keine Angst, jemandem das Gefühl zu geben, dass ich ihn ablehne. Und nein, ich hatte keine Angst, dass ich gar eine Beziehung verlieren könnte wenn ich nein sage.

3. Hatte ich Angst vor Bestrafung?

Dann habe ich mir die Frage gestellt: Wenn ich nein sage, muss ich dann mit unangenehmen Konsequenzen rechnen? Hatte ich davor Angst? Angst vor Rache gar? Hatte ich Angst, wenn ich nein sage, dass ich unangenehme Konsequenzen tragen müsste? Eine Klientin, die dann keinen Termin mehr buchen würde? Oder eine Kollegin, die ihren Urlaub nicht mehr mit mir tauschen würde? Nein, darum ging es auch nicht.

4. Hatte ich Angst, mich mit anderen auseinanderzusetzen?

Konstruktiv zu streiten bzw. konstruktiv Konflikte auszutragen war früher wirklich auch nicht meine Stärke. In der Familie hatte ich vor allem gelernt, Konflikte gar nicht zu klären, die waren eben einfach da. Aber zu der Zeit, als ich mich auf die Suche machte, die Ursache für mein Unvermögen das kleine Wörtchen “Nein zu sagen” zu finden, war ich damit schon sehr gut. Ich gab Trainings in Sozialer Kompetenz und in Kommunikation. Nein, darum ging es nicht.

5. Oder hatte ich einfach nur einen Helfer-Komplex?

Verbarg sich hinter meiner Schwäche vielleicht einfach nur das Bedürfnis anderen zu helfen? Konnte ich deswegen nicht nein sagen, weil im Vordergrund stand, anderen zur Seite zu stehen, wenn sie Hilfe brauchten? Natürlich erfüllte ich zu dieser Zeit alle Kriterien des Helferkomplexes. Aber war das wirklich die Ursache dafür, dass ich nicht nein sagen konnte? Auch da konnte ich keine Passung finden. Aber was war es dann?

Da tappte ich sehr lange weiter im Dunkeln mit dem Nein sagen.

Und getreu dem Motto von Rilke “… dann lebst du eines Tages, ohne es zu merken, in die Antwort hinein.”, lag tatsächlich die Antwort eines Tages vor meinen Füßen. Ich lag mal wieder wach in einer Vollmondnacht und dachte nach. Mich beschäftigte das Leben meines Vaters. Er war traumatisiert, na sagen wir mal schwer traumatisiert. Zu seiner Schulzeit durften Lehrer noch züchtigen – und das tat sein Lehrer auch mit ihm. Und nicht, dass meine Großmutter ihn dann zu Hause schützte. Dort bekam er nochmal eine Tracht Prügel – denn so unrecht könne der Lehrer ja nicht haben. Und als ob das nicht schon genug gewesen wäre – die Prügel des Lehrers waren für meinen Vater auch noch unvorhersehbar (was ein Trauma nicht gerade leichter macht). Und noch schlimmer: Er war das schwarze Schaf im Klassenraum – egal wer sich etwas zu Schulden hat kommen lassen – mein Vater bekam die Schläge dafür. Jetzt muss ich nicht erwähnen, dass manche das ausnützten, um ihm eine auszuwischen? Und wenn ich jetzt auch noch sage, dass manche regelrecht Freude daran hatten, dies zu tun, dann versteht man seine Not noch viel tiefer.

Und welches Muster lernt ein Kind, wenn es so behandelt wird?

Ich fragte mich, was mein Vater aus diesen tiefen Verletzungen tief in sich verinnerlicht hatte. Und es war so überraschend, dass ich ganz erstaunt war. Ich trug den Glaubenssatz meines Vaters auf mir, ich hatte ihn ihm unterbewusst einfach geglaubt: “Ich bin ein Spielball der anderen und ich habe keinen eigenen Willen.” Was für eine Erkenntnis! Und nichteinmal als Psychologin, als Expertin für unterbewusste Muster, als Expertin für Gefühle und Emotionale Durchbrüche, hatte ich das bisher durchschaut. Das Trauma meines Vaters hatte sich wie ein unsichtbarer Schatten über mich gelegt. Wie die Grammatik meiner Muttersprache verinnerlichte ich sein gelebtes Leben. Oder sollte ich eher sagen, seinen Kampf gegen das Leben? Ich konnte zwar “nein” sagen – hatte aber gar keinen eigenen Willen. Das Trauma meines Vaters hatte sich in mir eingenistet. Ein transgenerationales Trauma – deshalb war es für mich so schwer zu erkennen gewesen. Ich war nicht drauf gekommen, eine Ebene tiefer zu suchen. Und jetzt war mir auch sonnenklar, warum es anderen so leicht fiel, mir etwas aufzuschwatzen, warum ich mich immer hintenan stellte, warum ich so lange alles mögliche gefallen lies, wo andere sich längst gewehrt hätten.

Schatten erkannt – Schatten gebannt!

Auch Zuneigung kann grenzwertig sein

Auch Zuneigung kann ein Nein erfordern.

Jetzt war alles klar. Kaum hatte ich das Muster erkannt, schon begann sich mein Leben zu verändern. Denn, dass dieser Satz nicht wahr ist, ist ja klar. Ich bin kein Spielball der anderen. Ich führe ein selbstbestimmtes Leben. Diese Muster lassen sich einfach in Glaubenssätze umformulieren. Und ich erlebe es tatsächlich rückblickend immer noch so: seit diesem Zeitpunkt hat sich mein Leben nachhaltig geändert.
Wenn ich meine Arbeit betrachte mache ich außerdem eine ganz interessante Beobachtung. Dort bekomme ich auch ganz oft als Rückmeldung von meinen Klientinnen und Klienten: “Es ist, als hätte ich jetzt ein neues Leben.” Das Geschenk von dieser tiefen Verletzung scheint zu sein, dass ich diese tiefen Muster auch bei anderen erkennen und transformieren kann. Also ist es jetzt letztlich ein Segen. Und interessanter Weise kommen oft diejenigen zu mir, die schon bei vielen anderen keine Veränderung erreichen konnten, die schon lange auf der Suche sind…

Du musst nicht lernen nein zu sagen!

Etwas ist mir noch sehr wichtig zu schreiben: Du muss nicht lernen, nein zu sagen. Ja, du hast richtig gelesen. Meine Erfahrung ist, dass diese Fähigkeit ganz automatisch aktiviert wird, wenn die unterbewussten Muster verändert werden, wenn das Nervensystem den Kampfmodus beendet. Klar tappte ich auch dann und wann noch in die alte Falle – aber ich musste diese Fähigkeit nicht lernen. Der eigene Wille kann erwachen. Du brauchst also nicht viel Geld auszugeben für einen Kurs, um zu lernen, dich abzugrenzen. Gehe lieber auf die Suche nach dem Muster oder dem Glaubenssatz. Verändere diesen und staune.

Interessiert dich das auch? Da spreche ich im Podcast auch über die unterbewussten Muster.

#03 – Fünf Fragen zu Hypnosetherapie bei Kinderwunsch

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