Welche Themen gehören zur Psychogynäkologie?

Mrz 22, 2022 | Psychologisches Wissen | 0 Kommentare

Heute soll es darum gehen, welche Beschwerdebilder die Frauen haben, die sich an mich als Pschogynäkologin wenden.

Welche Beschwerdebilder gehören in den Fachbereich der Psychogynäkologie?

Die psychische Komponente von Krankheitsbildern oder Beschwerden in der Gynäkologie nennt sich Psychogynäkologie. Dabei geht man davon aus, dass ein Symptom oder eine Krankheit zumindest einen psychischen Anteil besitzt. So kann man die rein ärztliche Behandlung um diesen Aspekt erweitern oder ergänzen. Die Symptome sind vielfältig. Diese Anwendungsgebiete gehören alle in den Bereich der Psychogynäkologie:

1. Immunsteuerung

Zu diesem Punkt gehören die ständig wiederkehrenden vaginalen Infekte genauso wie die Blasenentzündungen oder Herpesinfektionen. Dabei kann ich ganz sicher sagen, dass die Immunabwehr durch unverarbeitete unangenehme Gefühle geschwächt wird. Denn wenn wir die dahinter liegenden Themen bearbeitet hatten, dann legten sich für gewöhnlich die Infekte und kamen zur Ruhe.

2. Schmerzzustände

Hier können die Symptome vielfältig sein. Mentruationsbeschwerden würde ich eher nicht mit psychotherapeutischen Methoden angehen, sondern eher Hormonyoga empfehlen. Aber bei Fibriomyalgie, chronischen Unterbauchschmerzen (die oft mit Endometriose im Zusammenhang stehen) oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Vaginismus) und Schmerzen im Intimbereich ist es möglich, starke Schmerzreduktion zu erreichen – viele waren sogar schmerzfrei. Und auch das nur dadurch, dass wir die Lupe auf das Erleben richteten und alte Verletzungen heilten. Wir landeten vor allem bei diesen Symptomen weit zurück in der Kindheit. In den meisten Fällen würde ich sagen, hatten die Frauen ein Bindungstrauma, also eine frühe Bindungsverletzung. Bei Schmerzen ist es mir zudem sehr wichtig, dass sie auf jeden Fall ärztlich abgeklärt sind. Denn es wäre ein fataler Fehler, ein Alarmsignal durch Hypnose einfach auszuschalten – wenn es doch eine wichtige Funktion hat.

3. Wechseljahresbeschwerden

Im Zusammenhang mit Hitzewallungen gibt es sogar Forschungsergebnisse, die zeigen, dass Hypnosetherapie diese unangenehmen Symptome reduzieren kann. Ein Befund stammt aus der Onkologie, hier konnten die Hitzewallungen um mindestens 60-70 % reduziert werden und darüber habe ich hier schonmal geschrieben. Huch, da ist ein furchtbares Bild von mir hinterlegt!

4. Unerfüllter Kinderwunsch

Der Schmerz ist groß wenn sich eine Frau, wenn sich ein Paar ein Kind wünscht und es klappt nicht. Entsprechend groß ist auch das Angebot, das Paar oder die Frau zu begleiten. Es gibt Kinderwunsch-Kliniken, Kinderwunschpraxen, Kinderwunsch-Coaches und weil es so unübersichtlich geworden ist, gibt es jetzt sogar ganze Messen auf denen diese Angebote an einem Ort versammelt sind. Darüber habe ich im letzten Podcast erst mit der Eventmanagerin Christine gesprochen. Ich hatte das Thema Unerfüllter Kinderwunsch schon für meine Prüfung in Klinischer Psychologie in der Diplompsprüfung gewählt – ohne zu ahnen, dass ich noch viele Jahre Frauen und Paare damit echt glücklich machen würde. Denn ich freue mich riiiiiesig, wenn ich mal wieder eine Email oder sogar eine Postkarte bekomme mit einem kleinen Erdenbürger, der wieder das Licht der Welt erblicken durfte – mit meiner Hilfe. Und keiner weiss es. Ich wurde sogar schonmal gebeten, einen Vorschlag für einen Namen zu machen.

5. Unterstützung rund um die Geburt

Dieses Feld reicht von der hypnotherapeutischen Geburtsvorbereitung über vorzeitige Wehen, Frauen die liegen müssen, Frauen mit großer Übelkeit, Probleme beim Stillen oder einer Wochenbett-Depression (oder sogar Wochenbett-Psychose). Zu diesen Beschwerden habe ich es sehr genossen, bei der amerikanischen Hypnosetherapeutin Phyllis Claus lernen zu dürfen. Damals war ich bei einem Kongress in Heidelberg. Dieser wurde von der ISPPM (Internationale Gesellschaft für Pränatale und Perinatale Psychologie und Medizin) veranstaltet. Sie hatte einen großen Wissens- und Erfahrungsschatz und gab mir noch mehr Vertrauen in diese wichtige Arbeit.

6. Sexuelle Störungen

Ich mag dieses Wort ja nicht – habe lange überlegt, ob ich es verwenden soll – aber es ist einfach der offizielle Terminus. Ich finde nämlich nicht, dass es sich dabei um eine “Störung” handelt, sondern um eine ganz normale Reaktion – wenn man mal die Hintergründe verstanden hat. Aber es geht ja jetzt nicht darum, was ich drüber denke – es geht darum, dir einen Überblick zu geben, was alles dazu zählt, zu den “Störungen”. Den Vaginismus habe ich bei den Schmerzen oben schon erwähnt, aber er gehört auch hierzu. Dann natürlich das Phänomen der Anorgasmie, also der fehlenden Fähigkeit, einen Orgasmus zu erleben. Die fehlende Libido spielt natürlich auch eine Rolle – die tritt bei Männern und bei Frauen auf. Bei Männer sind es vor allem zwei Phänomene – der vorzeitige Samenerguss und die Impotenz oder Erektionsstörungen. All das hängt meiner Erfahrung nach auch mit unverarbeiteten Gefühlen Zusammen – das kann ein Trauma sein, eine nicht so schöne erste Begegnung mit Sexualität, ein Wort oder Satz den mal jemand sagte – die Möglichkeiten wo diese Verletzungen passiert sein können sind ganz vielfältig.

7. Angst- und Ekelzustände / Phobien

Viele Patient:innen haben auch Angst vor Spritzen oder Angst vor dem Arzt bzw. vor der Arztpraxis an sich. Vor allem Frauen, die Erfahrungen mit sehr dominanten Menschen machten, konnte ich helfen, die Angst zu überwinden, sich auf den Behandlungsstuhl beim Gynäkologen zu setzen. Es gibt aber auch Frauen, die Ekel vor Sexualität haben oder einfach Ekel vor Küssen. Das Hauptsymptom von Angst ist Vermeidung. Das ist ja auch kein Wunder, denn Ekel, Übelkeit und Schwindel begleiten diese Angst und das ist ja alles insgesamt unangenehm. Nicht alle Ängste haben mit dem Bereich der Gynäkologie zu tun. Aber auch diese wirken in diesen Bereich hinein. Aber das ist alles nicht festgeschrieben – es ist alles behandelbar.

8. Trauma

Der Begriff Trauma wird heutzutage fast inflationär verwendet. Wenn ich Trauma schreibe, dann meine ich, jemand war zu einem Zeitpunkt ihn seinem Leben in Lebensgefahr – oder hat das so empfunden. Das kann während einer Geburt passieren, durch (sexuelle) Gewalt oder durch einen Unfall. Wichtig ist in diesem Fall, dass die Frau dann keine reine Gesprächstherapie beginnt, sondern sich nach jemandem umschaut, der wirklich gut in Traumatherapie ausgebildet ist. Denn wer über diese Erfahrungen nur redet – der läuft Gefahr, dass er einfach retraumatisiert wird – und die Symptome werden dann schlimmer als besser. Weil man ja bei der Fachfrau ist, zweifeln dann viele eher an sich als an der Behandlungsmethode und an der Expertin. Deshalb ist es mir ein echtes Anliegen, darüber aufzuklären und ein klein wenig dazu beizutragen, dass die Frauen am richtigen Platz landen – eben in einer Traumatherapie. Das ist auch ein Grund, warum ich einen Podcast gestartet habe – weil es gar nicht so einfach ist, ein Trauma zu erkennen.

9. Verlust und Trauer

Immer dann, wenn es darum geht, sich von etwas oder jemandem zu verabschieden erleben Menschen Trauer. Und es ist nicht immer die emotionale Kapazität vorhanden, sich dieser Trauer zu stellen. Deshalb ist es gut, wenn Menschen einem dabei helfen, diese Trauer zu bewältigen. Die Angst genau vor dieser Bewältigung ist sehr groß. Oder die Betroffenen denken im Nachhinein oft gar nicht mal im Traum dran, dass dieses lange zurück liegende Ereignis (das sie als längst erledigt ansehen), immer noch ihr jetziges Erleben sabotiert. Deshalb ist es gut, wenn eine Psychogynäkologin sich auch mit Trauerverarbeitung auskennt. Denn es waren gar nicht so wenige ungewollt kinderlose Paare, die erstmal einen Verlust verarbeiten durften – sei das die Trauer um die Eltern, um Geschwister oder um ein eigenes, auch ungeborenes Kind, eine Fehlgeburt. Und das schmerzt.

10. Verstimmungen des Gemüts

Ich habe diesen Punkt absichtlich so unscheinbar benannt – weil ich nicht eine offizielle Diagnose verwenden wollte. Wohlwissen, dass manche wirklich unter einer manifeste Depression leiden – andere hingegen einfach nur unter Schlafstörungen leiden oder unter Stimmungsschwankungen. Hier mag ich auch noch erwähnen, dass ein Burnout keine offizielle Diagnose ist – aber auch dahinter kann sich eine Depression verbergen – muss es aber nicht.

11. Onkologische Krankheitsbilder

Der Unterstützgswunsch an mich, wenn jemand unter einer onkologischen Erkrankung leidet ist primär emotionaler Natur. Die Frauen wünschen sich jemanden, der mit ihnen gemeinsam diese schwierige Zeit durchsteht. Zusätzlich zu meiner Ausbildung in Klinischer und Medizinischer Hypnose, zähle ich hier meine Weiterbildung in Psychosozialer Onkologie (WPO) zu meinem Erfahrungsschatz. Melde dich gerne bei mir, wenn du meine Unterstützung wünschst. Du kannst aber auch Kontakt zu einer Krebsberatungsstelle aufnehmen. Dort bekommst du meistens kostenlose Unterstützung – oder Hilfe für einen geringen Stundensatz.

12. Selbstwertprobleme

Und das alles nagt natürlich auch am Selbstwert und am Selbstbewusstsein. Da dies mein Kernthema ist, führe ich es auch auf. Denn wenn diese Themen angegangen werden, dann steigen auch wieder Selbstbewusstsein und Selbstwert. Viele, die ich begleitet habe, teilen mir mit, dass es ihnen bereits nach dem ersten Termin entscheidend besser ging. Das kommt ganz oft dadurch, dass sich innerlich etwas aufrichtet. Denn es ist bereits heilsam, gesehen zu werden. Es ist bereits heilsam, wenn dir jemand mitteilt, dass es ganz normal ist, wie du reagierst, wie du fühlst, was mit dir geschehen ist.

Kaum eine Frau erzählt stolz, dass sie bei der Gynäkologin war – und bei der Psychogynäkologin verhält es sich ebenso. Deshalb bin ich echt froh, dass ich über meine Arbeit bloggen kann. Und ich bin genauso dankbar wenn du diesen Artikel teilst – oder es einer Freundin erzählst. Denn viele wissen gar nicht, dass es dieses Themenfeld gibt. Oder hast du es gewusst? Erzähl’s mir im Kommentar.

Bild: Shivani Vogt

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