Woher kommt mein Hyperakusis?

Okt 15, 2021 | Psychologisches Wissen | 0 Kommentare

Eine Frau fragt mich nach einer Inspiration weil sie ratlos it. Sie kann kaum Geräusche ertragen, braucht viel Stille und ist sehr sensibel geworden. Sie hat viel Streß in allen Lebensbereichen. Sie denkt, dass sie durch die Geräuschempfindlichkeit ihre Bedürfnisse besser wahrnehmen kann. Und was sie sich wünschen würde wäre eine Ruheinsel, ihre Ruheinsel, einfach Zeit und Raum für sich. Ihre Kinder sind laut, sie kann es kaum ertragen und sich auch nicht so wie sonst drüber freuen, dass sie einfach ihre Lebensfreude ausdrücken. Sie möchte ihre Kinder auch nicht darin beschneiden, sie möchte ihnen nicht verbieten Musik zu hören. Sie möchte aber auch keine Ohrstöpsel tragen oder sich ihren Raum nehmen indem sie in die Natur geht. Sie möchte einfach in Ruhe auf ihrem Sofa sitzen oder so wie früher Geräusche einfach ausblenden können. Warum geht es aber nicht?

Was könnte die Ursache für ihre Geräuschempfindlichkeit sein?

Wenn sie die Ursache wüsste, dann hätte sie auch die Lösung dafür. Und du ahnst es schon, es geht schon wieder ums Nervensystem. Deswegen habe ich ihr auch geantwortet, dass ich davon ausgehe, dass ihr Nervensystem aus irgend einem Grund in den Kampf-Fluchtmodus gerutscht ist. Sie schreibt ja auch, dass sie gerade sehr viel Streß hat. Deswegen ist diese Wahrscheinlichkeit ja auch ganz groß. Und was passiert denn jetzt wenn unser Nervensystem in diesen Überlebensmodus gerutscht ist? Aber lass mich erst noch drüber schreiben was wir eigentlich wollen – eigentlich möchten wir ja nicht im Überlebensmodus sein, sondern in dem Modus wo wir Zugriff haben auf alle unsere Fähigkeiten. In dem Modus wo wir Zugriff haben auf unsren Selbstwert, auf unsere Gefühle, unsere Bedürfnisse. Auch die innere Ruhe ist in diesem Modus verfügbar. Ich kenne diesen Modus den Beziehungsmodus, weil wir da in Beziehung sind mit uns und auch unserem Umfeld.

Was bringt uns da raus?

Wie kommt es jetzt, dass unser Nervensystem sich umschalten kann? Wie kommt es, dass der Körper plötzlich im Kampf-Flucht Modus landet? Wenn du jetzt meinem Podcast lauschst, dann kannst auch auch hören wie sich die Stimme dadurch ändert – nicht mehr eine volle Intonation, sondern die Stimme wird wie ein Pfeil. Genau dafür ist dann auch mein Gehör spezialisiert, diese Pfeile herauszuhören. Ist ist darauf spezialisiert zu hören wo ist eine Kampfansage?  Wo passiert etwas, worauf ich reagieren muss? Gibt es etwas wo ich flüchten muss oder wo ich kämpfen muss? In deinem Nervensystem findet also eine Veränderung statt. In meinen Ohren gibt es also in diesem Moment auch eine Veränderung.

Du kannst dir das so vorstellen wie wenn du ein Gummiband in die Länge ziehst. Es wird dünner – und wenn du an ihm zupfst, dann macht es hohe Töne, höhere Töne, eindringlichere Töne, unangenehme Töne. Das ist genau das was mit einem kleinen Muskel in deinem Gehör passiert. Einer der Gehirnnerven stimulieren diesen zweitkleinsten Muskel in deinem Körper und spezialisiert ihn darauf, diese “Kampfansagen” in deiner Umgebung besser wahrzunehmen, sozusagen diese aus der Geräuschkulisse herauszufiltern. Du hörst dann nur noch diese Töne – und vielleicht verzerren sich andere Töne auch so, dass sie sich wie Kampfansagen anhören?

Dadurch werden Töne unangenehmer

Und so entwickelt sich eine Geräuschempfindlichkeit. Einfach nur dadurch, dass sich in deinem Körper ein Schalter umlegt, dadurch dass dein Nervensystem sich umschaltet. Wenn dieser Streß anhält, dann kann sich aus der Empfindlichkeit auch etwas noch unangenehmeres entwickeln: eine Misophonie. Das ist eine Geräuschüberempfindlichkeit, die auch von Wut begleitet wird. Oft entsteht dieses Phänomen während Kinder am Esstisch die unausgereiften Gefühle ihrer Eltern ertragen müssen. Zumindest habe ich in meinen Sitzungen das als Ursache finden können. Aber zurück zum Hyperakusis. Dieser tritt oft im Alter auf, man stellt sich vor, dass dieser Muskel einfach unflexibler wird und so eher diese Töne wahrnimmt, die belastend sind.

Einen andere Erklärung wie Hyperakusis im Alter entsteht

Meine Vermutung ist eher, dass sich bei einem Hyperakusis im Alter das Nervensystem sich an ein “gefährliches Umfeld” angepasst hat. Es hat dann sozusagen verlernt, sich aus diesem Überlebensmodus wieder heraus zu holen und verbleibt einfach darin. Ich sage ja immer wieder, dass es eine ganz neutrale Fähigkeit ist, dass der Körper in diesen Überlebensmodus gehen kann. Die Krux an der Sache ist aber, dass dieser Modus nicht geeignet ist, Beziehungen zu gestalten, in Beziehung zu sein. Vom Hören her kannst du das einfach als Signal nehmen. Wenn dein Hörerlebnis nur noch unangenehm ist, dann nimm das doch einfach als Signal, als Rückmeldung von deinem Körper, dass du im Überlebensmodus bist und eine Pause brauchst. Denn dein Körper meldet dir rück, dass es gefährliche Geräusche in deiner Umgebung gibt – obwohl es das vielleicht auch gar nicht ist… das kann fatal sein. Ganz kurz zusammengefasst kann so ein Hyperakusis, so eine Geräuschempfindlichkeit auch einfach bedeuten: Du hast zuviel Streß!

Was bedeutet denn zuviel Streß?

Was den Stress erzeugt ist, wenn dir dein Umfeld Vertrauen oder Sicherheit nimmt. Dann schaltet der Körper um in den Überlebensmodus. Das ist, was wir dann als Streß empfinden. Du kannst ja einfach mal acht geben in deinem Umfeld. Höre gerne in den Podcast rein – da kannst du es wahrnehmen. Wenn eine Stimme genügen Intonation hat, das bringt dich in Ruhe. Wenn sie sich aber verwandelt und sie auf einer Stimmlage bleibt, sich anhört wie ein Pfeil – so einen scharfen Ton bekommt, gar nicht mehr moduliert, das was dir signalisiert: Hier besteht Gefahr. Und hier ist es jetzt aber sicher. Sei also wachsam. Wo in deinem Umfeld gibt es Töne, die dir vermittelt: “Hier ist Gefahr.” Und das können einfach Menschen sein in deinem Umfeld, die in diesem Zustand sind. Du hörst das an ihrer Stimme, das ist hörbar. Es wird dich dann wiederum automatisch in diesen Zustand versetzen.

Was kann ich bei Hyperakusis tun?

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass du achtsam bist: Mit wem umgebe ich mich? Und dich zu fragen: Tun mir diese Menschen gut?  Es hilft natürlich auch zu sagen: Ich bin jetzt wichtig. Du solltest dich dann fragen: Wie kommt mein Nervensystem wieder in diesen Modus, in dem ich wieder mit mir verbunden bin und auch mit anderen. Und dann wird auch das mit dem Mittelohrmuskel wieder besser und das Trommelfell kann wieder ganz viele Geräusche voneinander unterscheiden und hört nicht mehr in jedem Geräusch eine Gefahr. Du musst dich dann nicht mehr retten, dich in Sicherheit bringen. Deine Ohren filtern dann wieder Geräusche aus und du kannst in Stille sein, ohne dir einen Raum der Stille schaffst. Die Ruheoase ist dann in dir. Und das wünsche ich dir.

Und wie kann ich mein Nervensystem umschalten?

Komme gerne in meine Gruppe bei Facebook. Da geht es um den Vagusnerv. Dieser Nerv ist sozusagen der “Schalter”. Dort zeige ich einige Übungen, die du selber machen kannst, die dein Nervensystem wieder umschalten können. Wenn du das nicht alleine angehen magst, sondern meine Unterstützung magst, dann melde dich gerne bei mir für ein kostenfreies Orientierungsgespräch.

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